Neu-Ulmer Zeitung / 09.01.2019 / von Marcus Golling

Künstler Manfred Bittner spricht über die Lust am Malen

Der Thalfinger Galerist und Künstler Manfred Bittner wird 70 Jahre alt. Jetzt zeigt er eine Retrospektive seines Schaffens. Die ist alles andere als vollständig.

Thalfingen Den Kunsterzieher in sich kann Manfred Bittner nicht einfach so ausschalten. Auch wenn er seine eigenen Bilder betrachtet, bleibt sein Blick kritisch. Etwa bei zwei Aquarellen, die an der Wand in seiner Galerie auf der Insel hängen. Die seien nach einer Malreise in die Toskana entstanden. „Das rechte Bild ist ganz gut“, findet er. Dabei hätte Bittner derzeit allen Grund, sein eigenes Werk durch die rosarote Brille zu betrachten: In ein paar Tagen wird er 70 Jahre alt. Aus diesem Anlass zeigt er in seiner Galerie eine Retrospektive seines künstlerischen Schaffens, von der Studienzeit bis in die Gegenwart.

Bittner, der aus Burgau stammt, hat in seinem Leben schon viel erlebt und bewegt. Er studierte in den 60er-Jahren an der Werkkunstschule Augsburg, der heutigen Hochschule, arbeitete als Kunstpädagoge in Ulm, sitzt seit vielen Jahren im Gemeinderat seiner Wahlheimat Elchingen, und gründete vor 40 Jahren die Roggenburger Malschule mit. Letztere hat er nach der letzte Malreise 2018 allerdings eingestellt. „Mir ist einfach nichts mehr eingefallen“, gibt Bittner unumwunden zu. Die Zeit, die er seit seiner Pensionierung reichlich hat, steckt er lieber in seine Galerie auf der Insel, die es seit bald 24 Jahren gibt – und wieder in die eigene Kunst.

Die entsteht zumeist in dem alten Bauernhof, den er seit den 90er-Jahren nutzt. Unter der Bedingung, dass er sich selbst um (fast) alles kümmert, durfte er er das heruntergekommene Anwesen für schmales Geld mieten. Unten, im ehemaligen Kuhstall richtete er die Galerie ein, im Haus daneben sein Atelier. Dort, im ersten Stock, wo ein bollernder Ofen angenehme Wärme ins alte Gemäuer pumpt, ist sein kreatives Reich: ein kleiner Raum, vollgestopft mit Pinseln und Farben, die Wände bedeckt mit Skizzen und Kleinformaten. Bittner zeigt auf eine abstrakte, leuchtend rote Komposition – und schüttelt ein bisschen den Kopf. An dem Bild könne man gut sehen, dass ihm das komplett Abstrakte nicht liege. Abstrahieren ja, aber ganz gegenstandslos malen, das sei nichts für ihn. Er meint es nicht als grundsätzlich, er weiß nur: Das können andere besser.

Der Thalfinger Künstler hat viele künstlerischen Stile ausprobiert

In den mehr als fünf Jahrzehnten seines Schaffens hat Bittner viel ausprobiert, einiges wieder aufgehört, manches wiederentdeckt. Und die Retrospektive, wenig auftrumpfend „Über die Jahre … und vom Wechsel der Konzepte“ betitelt, vermittelt einem eine Ahnung davon. Der Künstler zeigt eine stilisierte Darstellung des Buchstabens „M“ vor hellem Hintergrund, entstanden 1969, also vor 50 Jahren. „Es ist nichts Symbolisches, einfach nur die Form“, erklärt der Maler. Es sei damals die Zeit von „Zero“ gewesen. Die Gruppe hatte einen wichtigen Einfluss auf ihn und andere Künstler seiner Generation. Zehn, vielleicht 15 Bilder habe er in diesem Stil gemalt, sagt Bittner. Dann habe es ihm wieder gereicht.

Im Laufe seines Künstlerlebens hat der Wahl-Thalfinger einige Phasen durchgemacht – aber nicht alle kann er in der Ausstellung präsentieren. Die 80er und 90er sind praktisch gar nicht vorhanden. Der Grund dafür ist eigentlich erfreulich: Die Werke sind allesamt verkauft. „Ein Unternehmer war in meine Kunst geradezu vernarrt“, sagt Bittner, „der hat meine Bilder von der Staffelei weg gekauft.“ Die dadurch entstandenen Lücken kann bald 70-Jährige aber mit neuen Arbeiten füllen. Etwa ein Bild im Monate stelle er derzeit fertig, sagt Bittner.

Am Mittwoch, 9. Januar, startet Manfred Bittners neue Ausstellung

Die Ergebnisse seiner Arbeit sind sehr unterschiedlich: Vielleicht liegt auch das an Bittners Kunstpädagogen-Karriere. Ihm geht es weniger darum, einen klaren Stil zu entwickeln, er probiert lieber seine künstlerischen Möglichkeiten aus. Da sind die realistisch gehaltenen, melancholischen Venedig-Darstellungen, aber auch aus wenigen Farben komponierte, abstrahierte Stillleben, bei denen der Künstler augenzwinkernd die Objekte auf die Leinwand schrieb, statt sie zu malen. Dramatisch hingegen ein Bild der Rückseite des Matterhorn. „Da ging mit mir der Bühnenbildner durch“, sagt Bittner. Gleich daneben noch ein Gebirgsbild, aber ganz anders, pointilistisch. Dazu habe ihn der der Italiener Giovanni Segantini inspiriert – wie er ein Liebhaber der Berge.

Manfred Bittner Kunst ist durchströmt von der Kunstgeschichte, Henri Matisse, die Expressionisten, sogar Caspar David Friedrich, sie alle haben – auf jeweils eigene Weise – Spuren auf den Bilder des Thalfingers hinterlassen. Von den Großen kann man lernen. Bittners Ziel: „Ich will so malen, dass es einfach wirkt, aber kompliziert herzustellen ist.“ Aber manchmal, da packe ihn einfach die pure Lust am Malen, sagt er und lacht. Man spürt: Das sind die besten Momente im Leben des Künstlers.

Ausstellung: „Über die Jahre … und vom Wechsel der Konzepte“ wird am Mittwoch, 9. Januar, in der Galerie auf der Insel, Ulmer Straße 6, in Thalfingen eröffnet und ist danach bis 17. Februar zu sehen. Öffnungszeiten: Donnerstag bis Sonntag, jeweils 16 bis 18 Uhr.

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Südwest Presse / 12.01.2019 / von Otfried Käppeler

Manfred Bittner: Bezug zum Realen muss sein

Maler, Galerist und Kunsterzieher – Manfred Bittner wusste das über Jahrzehnte zu verbinden, ohne je gestresst zu wirken. Und seine Malschule Roggenburg, die er jetzt aufgegeben hat, leitete er auch 39 Jahre. Die Galerie auf der Insel bespielt er nun seit fast 25 Jahren und da er dieses Jahr seinen 70. Geburtstag feiert, schenkt er sich dort eine Retrospektive. Der Titel „Über die Jahre... und vom Wechsel der Konzepte!“

Das älteste Bild, das Porträt einer jungen Frau in akademischer Manier, stammt von 1967. Daneben hängt ein Selbstporträt des Künstlers als junger Mann, das vier Jahre später entstand und stilistisch mit seiner radikalen Reduktion und Formenauflösung das Gegenkonzept zum Porträt der Frau ist. Die Bilder sind in der Zeit der akademischen Ausbildung in Augsburg entstanden, wo Bittner mit 18 in die Werkkunstschule aufgenommen wurde.

Die Zeit der Ausbildung bezeichnet Bittner als toll, mit all den „Ismen“, die es damals gab: „Man musste sich nur ein bisschen umschauen, alles war da.“ So hängen in der Ausstellung frühe Bilder, die mehr oder weniger dem analytischen Kubismus, der Pop Art oder Zero nahe stehen.

Ganz abstrakt habe er allerdings so gut wie nie gemalt, sagt Bittner. Zwei kleine Exponate sind die absolute Ausnahme. „Mein Ausgangspunkt für die Malerei ist stets ein realer, ob eine Landschaft oder ein Haus, das ist egal, aber der Bezug muss sein.“

Dieser Ausgangspunkt ist die eine Konstante, die sich bis heute bei allem Wechsel der Konzepte gehalten hat. Ein zweiter ist die expressive malerische Haltung. Locker lässt Bittner die exakte Abbildung hinter sich und löst Formen in Malerei auf. Auch in den aktuellen, streng komponierten Architekturbildern Venedigs, die immer den Ausschnitt einer Hauswand aufnehmen, zeigen flächige Binnenbereiche eine freie Pinselführung. So zeigt die Retrospektive nicht nur den Wechsel der Konzepte in Bittners Malerei auf, sondern auch die Konstanten.

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