Neu-Ulmer Zeitung (Nr.299) / 24.12.2008 / von Florian L. Arnold

Mythen gegen den Strich gebürstet 

Elchingen „Einfach nur gut“ - selten war Galerist Manfred Bittner derart voll des Lobes zu einer Ausstellung wie in der aktuellen Sonderausstellung „Ins Schwarze“ des Ulmer Grafikers Paolo Calleri. Rund 30 Arbeiten von 2007 und 2008 sind in der Thalfinger „Galerie auf der Insel“ zu sehen.

Calleris feinsinnige Kupferradierungen zeigen einen mehr als nur souveränen Strich. In der Leichtigkeit der Linien, Schraffuren und Flächen, in der stets sicheren Komposition der kleinen Drucke, in der wohljustierten Mischung aus Ernst und Ironie, sanftem Sarkasmus und Humanismus zeigt sich ein Zeichner, dem die leisen Töne liegen. Diese allerdings verwirklicht er mit der Reife und Delikatesse eines stichelnden und strichelnden Satirikers. Das Thema: Die Helden der griechische Sagen- und Mythenwelt, die er als Geschöpfe ganz irdischer Prägung modernisiert.

Er bildet nicht ab oder gestaltet die kleinen Formate in klassisch-illustrierender Weise. Calleri überführt die Helden und Antihelden ins Jetzt. Er gibt ihnen Menschlichkeit, indem er sie nicht als Überwesen, sondern als Geschöpfe ganz irdischer Prägung zeigt. Ihre Probleme, Nöte und Eitelkeiten sind jetztzeitlich. Da ist die Ariadne, die in Calleris Version einen fatalen Fehler begeht - zeichnerisch perfekt dargeboten mit einer ordentlichen Portion hintersinnigem Spottvergnügen.

Ariadne und Minotaurus durchaus traulich vereint: sie krault ihm den Nacken, während Theseus, erotisch hintertrieben, einen ganz anderen Faden aufrollt: den der spärlichen Kleidung der Göttin. Mit delikatem Humor wird Kriegsgott Mars als „Mars - oben ohne“ abgerüstet. Ganz gleich ob es nun „Ikarus“, „Ariadne“ oder die Zyklopen in „Informationsbeschaffung“ sind - Calleris Interpretationen klassischer Stoffe ist stets eigenwillig, gegen den Strich des Erwartbaren gebürstet. Calleris neuestes „Kunstwerk“ allerdings war nicht sichtbar: Söhnchen Leonardo war in der Nacht zuvor zur Welt gekommen.

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Südwest Presse (Nr.303) / 30.12.2008 / von Otfried Käppeler

Neue Ausstellungen

[...] Ironische Antike

Radierungen zeigt der Ulmer Paolo Calleri in der Galerie auf der Insel. Der 1977 in Ulm geborene Kunstpädagoge richtet in seiner bereits dritten Ausstellung in Thalfingen den Blick auf die antike Mythologie. Wenn er seine Ausstellung auch "Ins Schwarze" nennt, so kratzt seine Nadel doch bewusst am Eigentlichen vorbei und entwickelt den eigenen, oft ironischen Blick auf die antiken Sagen und Helden. Aus dem Ariadnefaden wird ein schon erotischer aufgeladener "Ariadnefehler", wenn Ariadne und der Stier alles andere als Gegner sind. Oder Mars, den Kriegsgott mit Panzer und Helm, verliert nicht seinen Kopf, sondern den Hals. Und Ikarus ist allenfalss noch ein verhängnisvolles Ideal, wie der heilige Sebastian zum "Wastl" mit Zielscheibe auf der Brust mutiert - womit Paolo Calleri beim Christentum angekommen ist (bis 25. Januar, Do-So 16-18 Uhr).

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