Neu-Ulmer Zeitung / 12.11.2011 / von Florian L. Arnold

Die transportiere Natur

Großartige Bilderserie von Sepp Luible in Thalfingen

Elchingen Die Wirkung der neuen Ausstellung in Manfred Bittners Thalfinger „Galerie auf der Insel“ stellt sich nicht unmittelbar, dafür aber um so intensiver ein.

Der ausstellende Künstler ist in der Region kein Unbekannter: Sepp Luible. Luible zeigt zum ersten Mal eine Serie von grafischen Arbeiten aus dem Jahr 2005, die als unmittelbare Vorstudien zu seinen kraftvollen Holzschnittarbeiten wirken. Diese 33 Arbeiten umfassende Serie ist aber alles andere als eine Sammlung von Studien. Es sind höchst komplexe, aus vielen Schichten von farbigen Tuschstrichen verdichtete Kompositionen, deren Sogwirkung sich erst allmählich einstellt – dann aber mit Wucht.

Eine Ausstellung – das betonte auch Galerist Bittner in seiner Laudatio auf den umtriebigen Gerlenhofener Tausendsassa – die Zeit verlangt, damit sich die Feinheiten und Reize, die Sepp Luible in seinen Arbeiten förmlich versteckt, erschließen. „Textur, Faktur, Struktur“, so spröde ist diese so sinnliche Ausstellung übertitelt, mit der Luible den Betrachter einfängt. Struktur meint eigentlich die eingefangene Bewegung, etwa einen Wachstumsvorgang; Textur bedeutet der Aufbau eines Gewebes und Faktur ist schließlich alles vom Menschen hergestellte Gewebe.

Vibrierender Rhythmus, moderne Härte

Am vorzüglichsten trifft wohl der Begriff der Struktur auf diese Bilder zu, die gewachsen scheinen, deren grobe Ränder wie auch erdige, warme Farben, die aus vielen vibrierenden, übereinandergelegten Rastern ihre Wirkung beziehen, den Bezug zu anderen Luible-Arbeiten herstellen, deren Basis die Naturbeobachtung ist. Luibles Bilder zeigen keine Oberflächen, sie steuern eher eine schon fast psychologische Durchleuchtung der Natur an. Man denkt an Rinden, an Moosflächen, an Astgeflechte und Gräser, wenn man die Luible-Arbeiten betrachtet. Was man sieht, geht jedoch über den naturalistischen Ansatz weit hinaus. Der Rhythmus der Bilder, gerade in der Hängung als Serie, ist umwerfend; die Konsequenz der Umsetzung faszinierend, die Überführung der „Idee Natur“ in zweidimensionale Grafiken handwerklich herausragend. Luible beherrscht das ganz große Einmaleins der Abstraktion, indem er feinsinnige Pinselstriche und fast schon brachial wirkende, fleckenhafte Untergründe in einer Art und Weise verbindet, die zwingend und logisch erscheint. Da erweist sich Luible einmal mehr als Meister seines Faches: querköpfig, kaum einzuordnen, dem Betrachter aber ein wahres Fest an visuellen Funken bietend, die man in dieser Weise selten geboten bekommt.

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