Neu-Ulmer Zeitung / 13.01.2012 / von Florian L. Arnold

Romantiker im Wolfspelz

Gerd Mattheis zeigt in Thalfingen eigenwillige Bilder und Skulpturen

Elchingen - Die figürliche Kunst hat sich aus der Bildhauerei weitgehend verabschiedet und der Eindruck, sie spiele in der zeitgenössischen Kunst keine Rolle mehr, bestätigt sich mit jedem Kunstmessenbesuch aufs Neue. Und doch gibt es den Wunsch des Künstlers, abbildhaft zu arbeiten, körperliche Formen zu suchen und zu interpretieren. Der Ulmer Künstler Gerd Mattheis geht diesen Weg mit viel Augenzwinkern und überbordender Fabulierfreude.

Die Kunst der plastischen Arbeit ist immer ein Ausloten der Grenzbereiche von Abstraktion und Figürlichkeit, gerade für die zeitgenössische Plastik ist das Verbinden von Sinnlichkeit und Intellekt ein bedeutungsvolles Moment.

Gerhard Mattheis’ Figuren, die bis zum 12. Februar die Galerie auf der Insel in Thalfingen bevölkern, haben sich aus diesem Zwiespalt gelöst.

Mit Gespür für Humor, Satire und feine Ironie, hier und da versetzt mit Fingerzeigen auf Mythos und Legende quasi als Schmiermittel zwischen den knirschenden Reibeflächen von Abstraktion und Gegenständlichkeit, baut Mattheis seit vielen Jahren monochrome wie auch witzig bunte Kreaturen, die unweigerlich an die Geschöpfe eines Tim Burton erinnern. Mattheis, frischgebackenes Mitglied im BBK Ulm, ist als Künstler seit über 20 Jahren in der Region aktiv, hat sich als Aussteller jedoch rargemacht.

Eigentümliche Zartheit

Hauchzart scheinen sich die Objekte der sogenannten „schwarzen Serie“, die Mattheis aus einer eigens kreierten keramischen Masse erschafft, um sich selbst zu winden. In ihrer Zartheit wirken sie wie im Verschwinden begriffen, als ließen sie noch einmal einen letzten Blick auf ihre Besonderheit zu, bevor sie sich auflösen. Doch auch die „fleischlicheren“, in Richtung Pop Art und Comic zeigenden Figuren zeichnet eine eigentümliche Zartheit aus.

Mattheis Figuren wirken in Manfred Bittners Galerie wie „getrocknete“ Exponate aus einer zoologischen Sammlung; Mensch-Tier-Mischwesen, die durch das humorgetriebene Zuspitzen von Haltung und Aussage jedem aufmerksamen Beobachter ein Lächeln auf die Lippen zaubern – sei es aus Rührung, Erstaunen oder Erkennen. Denn das Spiel mit dem Körper, das Vermengen von Mensch, Pflanze und Tier betreibt der 65-jährige Ulmer Mattheis nicht als Selbstzweck.

Ganz im Sinne Paul Klees geht es ihm um das „Sichtbarmachen“. Der Mensch – auch wenn er dies glaubt - steht nicht über dem Tierreich. Und er ist, wie schon Federico Fellini feststellte, immer wieder Anlass für unfreiwillige Komik. Dieses komische Potenzial macht Mattheis sichtbar, indem er einen Frauenkörper zu Vogelform zuspitzt, indem er einen Typen als „leere Hose“ an die Wand hängt.

Weibliche Silhouetten stilisiert Mattheis mit Augenzwinkern zu Musikinstrumenten. Galerist Manfred Bittner: „Mattheis Annäherung zweier wesensfremder Elemente provozieren die stärksten poetischen Zündungen.“ Eine weitere Facette sind Matteis’ surreale Gemälde und Grafiken. Hier zeigt er sich klar von Max Ernst inspiriert, erweitert die Malerei durch in den Raum ragenden Elemente zur Installation. Mattheis hat offensichtlich viel Vergnügen am Erschaffen seiner Kreaturen. Dieses Vergnügen überträgt sich auf den humorbegabten Betrachter mühelos.

Ausstellung Gerd Mattheis: antropomorphe Objekte in der Galerie auf der Insel, Thalfingen. Öffnungszeiten: Donnerstag bis Sonntag, 14 bis 17 Uhr sowie nach telefonischer Vereinbarung.

zurück