Neu-Ulmer Zeitung / 21.09.2012 / von Dagmar Hub

Spielwiese der Springer Michael Geyers Musterzeichnungen „Schach dem König“ in der Insel-Galeriel

Thalfingen Das Pferd, zur Schachfigur mutiert, hat es nicht leicht. Ob es von den Galopprennen in Baden-Baden und Iffezheim träumt oder über seine Verletztheit philosophiert, dass der Zug mit ihm auf dem Schachfeld halt als „Zug“ bezeichnet wird, das Pferd aber kein Zugpferd, sondern ein Springpferd sein will – ist man als Pferd aus Holz und lebt in der Schachtel und auf den 32 Feldern eines Schachspiels, reduziert sich das Dasein ziemlich.

Der Obertalfinger Zeichner Michael Geyer widmet sich in seinen neuen Arbeiten, die in der Thalfinger Inselgalerie zu sehen sind, dem Thema „Schach dem König“ und anderen Gedankenspielbildern. Dabei zeigt der Sohn einer Ulmer Künstlerfamilie mehr Farbe als früher und erzählt in seinen Karikaturen und satirischen Cartoons immer noch verknappt, aber epischer als bislang.

In seinem Federstrich aber lebt auch der Geist der legendären Ulmer Gesellschaft 1950, lebt der herzerquickend augenzwinkernde Blickwinkel der verstorbenen Lis Schmitt-Bundschuh. Michael Geyers Zeichnungen „Schach dem König und andere Gemeinheiten“ sind bis zum 28. Oktober in der Talfinger Inselgalerie zu sehen.

Man muss nicht Schach spielen können, um Michael Geyers Zeichnungen zu verstehen; einen hintergründigen Humor aber setzen die Zeichnungen des 75-Jährigen voraus. Teilweise politisch, teilweise die Skurrilitäten des Alltags aufs Korn nehmend, nimmt Geyer das Schachfeld als metaphorische Spielwiese des Absurden. Von Eitelkeiten frei sind Michael Geyers Schachfiguren keineswegs. Da findet in der Figurenschachtel strikte Rassentrennung nach Schwarz und Weiß statt, und man mokiert sich über die Dame, die keineswegs aus feinem Hause ist, sondern aus schlichtem Fichtenholz sein soll. Politischer Sparzwang lässt Michael Geyer auf die Idee kommen, die Hälfte der Spielfelder einzusparen und damit die Zahl der Bauern um 50 Prozent zu reduzieren.

Die Not mit der hölzernen Liebe

Und witzig dargestellt ist die Not des Mannes, der sich in eine Dame verliebt, sie zärtlich nach Hause trägt und dann mit dem hölzernen Sein der Angebeteten seine liebe Not hat.

Political Correctness aufs Korn genommen: Ein Schach spielender Orientale vermisst bei der Dame die Burka. Michael Geyers Blick aufs Schachspiel hat etwas von einem Bild gewordenen Karl Valentin, dem es wohl innerlich ähnlich notwendig war, Gehörtes und Gesehenes auf seine absurde Bildhaftigkeit hin abzusuchen.

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